„Der Himmel und Hölle sind real! Kehrt um und kommt zu Christus!“ ruft hier einer wörtlich in der U-Bahn und bietet mir Flyer an.

Ich frage mich im Stillen, warum es solche Missionare eigentlich nicht gibt, wenn es um Sex geht. Man könnte doch genauso in der U-Bahn patrouillieren und die – wie ich finde so wichtige – Lehre verbreiten, dass Sex im Kern gut ist und man seiner sexuellen Energie vertrauen kann.

Das ist nämlich nicht die Grundauffassung der Menschen in der heutigen Zeit. Mehr oder weniger bewusst herrscht immer noch Skepsis, ob Sex nicht im Grunde unkontrollierbar ist und so etwas wie eine dämonische Macht, der man zuerst einmal mit Vorsicht begegnen muss.

Meine Erfahrung ist, dass die Schwierigkeiten gerade erst dadurch entstehen, dass Menschen denken, dass sie nicht in Ordnung sind, so wie sie sind. Entweder hat man heutzutage zu häufig oder zu selten Lust oder man steht auf Praktiken, die man selbst aus welchen Gründen auch immer verurteilt. Oh, und dann gibt es noch eine ganz grundsätzliche Sorge: was, wenn meine Sexualität unkontrolliert ins Uferlose wächst?

In der Folge verurteilen sich sehr viele Menschen selbst und versuchen sexuelle Regungen zu unterdrücken. Das ist immerhin auch, was uns das Christentum seit Augustinus – und damit seit vielen Jahrhunderten – lehrt: „Unterdrücke alle Formen der Sexualität, die nicht dem Zwecke der Fortpflanzung dienen!“. Und eigentlich geht es noch weit darüber hinaus: „Hab‘ nicht zu viel Spaß dabei, denn Sex ist gefährlich und nicht vertrauenswürdig!“

Doch die Schwierigkeiten entstehen gerade erst dadurch, dass man unterdrückt, wer man ist und worauf man Lust hat.

Erst durch das Unterdrücken entsteht der Druck.

Das ist so, als ob man permanent versucht, einen Ball unter Wasser zu halten: entweder braucht man ständig sehr viel (Lebens-)Energie, um ihn unter Wasser zu halten – oder er kommt irgendwann unkontrolliert hoch.

Dann erleben Menschen wirklich unkontrollierbare sexuelle Situationen. Sie erleben realen Kontrollverlust und machen Sachen, die sie später bereuen. Sie erschrecken über sich selbst und nehmen sich vor, ihren sexuellen Regungen weniger zu folgen – und der Teufelskreis ist perfekt.

Wenn Menschen in der Therapie dann lernen, sich und ihrer Sexualität zu vertrauen, entspannt sich hingegen alles. Der Sex macht mehr Spaß und weniger Angst. Der Druck und die Sorge vor Kontrollverlust verschwinden.

Sexualität ist vertrauensfähig. Sexuelle Lust ist real.

Kehrt zu euch selbst zurück!
Es fühlt sich so gut an 🙂